Als mein Sohn vor kurzem zu mir kam und sagte er wolle jetzt Sportverein „Parkours“ machen, hatte ich erst einmal nur Fragezeichen im Gesicht stehen.
Er erklärte mir dann, dass man dabei natürliche Hindernisse überwinde, wie Mauern, Zäune etc. Das klang spannend und ich recherchierte etwas im Internet.
So stieß ich darauf, dass Parkour nicht einfach ein Sport ist, sondern eine Lebensphilosophie, die wir in unser alltägliches Leben übertragen können um Hindernisse zu überwinden und unseren Weg zu gehen…
Parkour, oder im französischen Ursprung »l’art du deplacement« genannt, die Kunst der Fortbewegung, lehrt laut Andreas Kalteis („Von der Kunst Hindernisse zu überwinden“) die Philosophie, Hindernissen positiv zu begegnen und sie als Herausforderungen zu sehen. Als „Traceur“ bezeichnet man dabei die Personen, die den Weg des Parkour gehen und diese Philosophie leben. Übersetzt heißt dies so viel wie »Einer,der seinen Weg geht«. Die Betonung liegt dabei auf »seinen«.
Wir leben in einer Welt, in der wir sehr große Freiheiten haben. Dennoch bewegen wir uns überwiegend auf vorgegebenen Wegen vorwärts, wie z.B. Straßen, Bürgersteigen. Durch Begrenzungen, wie Zäune, Absperrungen und Mauern, wird einem vorgegeben, wo man nicht laufen darf.
Genau so verhält es sich auch mit unserem Lebensweg. Auch hier, wird der von uns angestrebte Weg, durch scheinbar unüberwindbare „Mauern“ und „Zäune“ begrenzt.
Ob Probleme am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzverlust, Konflikte mit Kollegen oder dem Partner, Geldprobleme oder auch gesundheitliche Probleme.
Das größte Hindernis stellen aber meistens zunächst wir selbst dar, in Form von Hürden, die in uns liegen.
Hierbei sprechen wir von Selbstzweifeln, hemmenden Glaubenssätzen, Ängsten, mangelnder Motivation und unserer inneren Ausrichtung, also zu wissen, wohin man selbst eigentlich möchte. Oftmals gehen wir einen Weg, den wir meinen gehen zu müssen, weil er uns durch unsere Eltern oder die Gesellschaft indirekt vorgegeben wurde. Wir glauben etwas sein zu müssen, um Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten, anstatt einfach unseren Weg zu gehen.
Das Überwinden der inneren Hürden bildet die Grundlage für den Sprung über die äusseren.
Der Traceur geht nicht den Weg, den man ihm vorgegeben hat, sondern er geht den Weg, den er selbst wählt. Dafür, trainiert er seinen Geist und Körper, um deren Potenziale besser nutzen zu können. Denn nur so ist er in der Lage, Hindernisse, die ihm im Weg stehen, zu überwinden.
David Belle, der Begründer von Parkour sieht Parkour als kreative Kunst, die dabei helfe, die eigenen, durch Körper und Umwelt gesetzten Grenzen zu erkennen und zu überwinden, ohne dabei andere mit seinem Können beeindrucken zu wollen.
Hierbei ist es jedoch nicht erforderlich, sich gefährlichen oder waghalsigen Situationen auszusetzen.
Die Philosophie von Parkour beinhaltet es, die Voraussetzungen für den Einsatz einer bestimmten Technik abzuschätzen und dabei immer im Auge zu behalten, ob man diese Voraussetzungen erfüllt und die Situation gefahrlos meistern kann.
Ein anderer Aspekt von Parkour ist der respektvolle Umgang des Traceurs mit seiner Umgebung und seinen Mitmenschen.
Der Traceur ist auf seine Umgebung angewiesen und sollte deshalb darum bemüht sein, sie intakt zu halten, auch wenn er ungewöhnliche Wege beschreitet, die bei unvorsichtiger Begehung darunter leiden könnten. Ebenso ist er auf das Verständnis seiner Mitmenschen angewiesen, wenn er seinen Weg geht. Also sollte er auch anderen, die ungewöhnliche Interessen haben, offen entgegentreten und nicht von Vorurteilen beherrscht sein.
Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, Selbstreflexion, Disziplin, Wille, Konzentrationsfähigkeit, Fokussierung, Mut, Kritikfähigkeit – all diese Fähigkeiten entwickeln sich in einem Traceur, wenn er der Philosophie des Parkour folgt.
Das ständige Überwinden von Hindernissen, die dauernde Konfrontation damit und die Erfahrung, dass sich Hindernisse tatsächlich überwinden lassen, verändert die Wahrnehmung in schwierigen Situationen. Man begegnet ihnen nicht mehr mit Angst und Missmut, sondern mit dem Wunsch, die Herausforderung anzunehmen und aus der Situation das Bestmögliche zu machen.
Genau so verhält es sich, wenn wir ein „Problem“ auf unserem Lebensweg überwunden haben. Wir gehen gestärkt aus dieser Situation heraus, mit dem Wissen, wie wir dieses Problem angegangen sind, um es zu lösen und einem erhöhten Selbstvertrauen mit dem Mut, uns von der nächsten Hürde nicht aufhalten zu lassen.
Wer sich langfristig von seinen inneren und äußeren Hindernissen den Weg diktieren lässt, wird auf Dauer nicht glücklich sein und seinen Zielen nicht näher kommen.
Mit der Einstellung eines Traceurs haben Sie die besten Karten, um Hindernisse zu überwinden, die sich Ihnen im Parkour Ihres Lebens in den Weg stellen.